Die Swica ist eine Krankenkasse. Und die habe, so behauptet sie, zufriedene Kunden. Das sei ihr auch unbenommen. Die Beweisführung ist allerdings etwas gar dünn: Nehmen wir einmal an, dass beispielsweise der Hans Hugentobler an den Olympischen Herbstspielen von Castrop-Rauxel im 200-m-Lagen-Rückwärtstauchen siegt, dann steht auf seiner Goldmedaille «Olympische Herbstspiele Castrop-Rauxel». Doch wenn die Swica eine Goldmedaille in Kundenzufriedenheit erreicht, steht da nicht etwa «Kundenzufriedenheitswettbewerb der Stiftung Kassentest». Sondern «SWICA». Erinnert mich irgendwie an den Olympiagründer Baron de Coubertin, der sich 1912 die Olympiamedaille in Poesie erdichtete, weil er der einzige Teilnehmer des Poetenstreits war ... Man könnte jetzt über die üblen Gerüche des Eigenlobs philosophieren. Über die Glaubwürdigkeit der werberischen Idee. Und über die Brillanz der Ausführung. Das lasse ich jetzt einfach mal sein. Und sage nur das: Eine Telefonnummer auf einem Plakat ist Unsinn. Eine Telefonnummer in minimal lesbarer Schriftgrösse ist maximaler Unsinn. (Ja, ich weiss, es musste unbedingt noch ein «Call to Action» rein.) Über den Rest hüllen wir uns in Schweigen.
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Ähm, ja. Das ist also der neue Winterthurer Stadtbus. Der sei, heisst es, besonders gut im Stadtverkehr. Denn als einziger Porsche darf er die Busspur benützen. Wenn es eine hat. Das Problem ist nur: Es hat in Winterthur praktisch keine. Und falls doch, kommt nach 200 Metern der Engpass, bei dem sich alle Privatporsches noch schnell vor den Porsche-Bus drängeln. Und dann vor statt hinter ihm im Stau stehen.
Also ist der Porsche-Bus praktisch gleich gut im Stadtverkehr wie der MAN-Bus – bei hohem Verkehrsaufkommen wird er wie alle anderen Stadtbus-Fahrzeuge sofort zum Stehzeug. Immerhin zum Stehzeug ohne Stehplätze. Es gibt aber schon ein paar Unterschiede. Der Porsche hat beispielsweise weniger Türen. Dafür darf der Passagier immer neben dem Chauffeur sitzen. Das geht beim MAN nicht. Mühsam wird es allerdings mit Kinderwagen. Oder mit Rollator. Dafür müsste man auf dem Porsche-Bus einen Dachträger montieren. Doch nun zur zentralen Aussage des Plakats: Was will uns Stadtbus damit eigentlich sagen? Keine Ahnung. Laut Lektion 1 des Crash-Kurses für textendes Personal gibt die Headline Antwort auf die (wie immer in Englisch gestellte) zentrale Frage des Konsumenten: «What’s in it for me?», und diese Antwort könnte man allenfalls deuten als «Mit dem Stadtbus bleibst du nicht im Stau stecken, sondern kommst immer pünktlich an.» Aber das wäre gelogen. Denn: Was immer im Stadtbus steckt – in der Hauptverkehrszeit steckt er fest. Vielleicht will das Plakat uns aber auch nur mitteilen, dass der Stadtbus-Marketingchef selber nie in einen Stadtbus steigen würde und sich deshalb seinen bescheidenen Porsche auf Bus umlackieren liess. Im Stadverkehr merkt man dann, dass in diesem speziellen Stadtbus ein Stadtbus-Kadermitglied steckt. Was den Konsumenten aber auch nicht wesentlich glücklicher macht. Ähnliches gilt übrigens auch für den Stadtbus-Chef. Der zeigt nämlich auf dem zweiten, genauso sinnbefreiten Sujet der Kampagne seinen auf rot-weiss umgespritzen Stadtbus-Stadtpanzer. Was die Aussage auch nicht wesentlich glücklicher macht. Fazit: Werbung, in der auch bei genauer Betrachtung nichts steckt. Die schönsten Höhepunkte der Ostschweiz finden sich auf diesem Plakat der Südostbahn.
Ich bin zutiefst beeindruckt und suche gleich auf der SOB-Website nach diesem Super-Duper-Perlenangebot. Da bekomme ich allerdings nur grad eine Pauschalreise nach Karlsruhe gezeigt. Ok, ist auch schön. Wenn man dem Foto glauben darf, haben die dort ein wunderschönes Schloss und sonniges Wetter. Die zweifellos attraktivste Perle der Ostschweiz hingegen ist – laut Plakat – ein Kaff mit ein bisschen Industrie, einer leidlich interessanten Eisenbahnbrücke (die ich vom Zug aus eh nicht sehen werde) und ein paar alten Häusern an einem Waldrand. Fünf der elf heimatlichen Schmuckstücke (die fast so schön sein sollen wie das «Key Visual») sind in der Fusszeile des Aushangs aufgeführt: Rapperswil, St. Gallen, Säntis, Stein am Rhein, Schaffhausen. Der Voralpen-Express zeigt mir auf seiner Website dann auch noch die restlichen: Appenzell und Rheinfall. Das wären dann sieben. Dazu kommen noch der Sitterviadukt bei St. Gallen (nein, das ist nicht die Brücke auf dem Plakat!), die Fahrt durchs Appenzellerland und die Schiffahrt von Stein nach Schaffhausen. Nachgezählt? Stimmt, es sind erst zehn. Denn zwei weitere hat es noch: Den Stiftsbezirk in St. Gallen mit der Stiftsbibliothek. Und das Kloster St. Gallen, also den Stiftsbezirk. Zwölf also? Nein, die weiter oben erwähnte Stadt St. Gallen können wir jetzt wieder subtrahieren. Und schon passt’s! Auf zur Rundreise also, die ganz im Süden beginnt (in Rapperswil) und ganz im Norden endet (in Schaffhausen). Zum Schlafen gibt es zweimal einen Abstecher nach Speicher, das zwar weder auf der Rundstrecke liegt, die keine ist, noch zu den elf Perlen gehört. Aber wenigstens gibt’s da ein Hotel. Was will man mehr? Ein Widder-Spruch. Sauglatt. Und was sagt uns das Bild? Eine blonde Dame mit rotem Halstuch zeigt uns ein iPad mit einem roten fensterlosen Häuschen und einer brünetten Dame mit rotem Halstuch. Dem sagt man in der Fachsprache scheints «digital». Und ein nett zusammengephotoshoppter Mufflon-Bock (diese Viecher leben in Kaukasien und Anatolien) liest ein frisch gebügeltes Exemplar des nicht existierenden «Glarner Echo» mit der Titelschlagzeile «Digital und Persönlich». Dass in der Zeitung «persönlich» im Unterschied zum Plakat gross geschrieben wird, scheint ein Widerspruch zu sein. Aber da es bei der Glarner Kantonalbank keinen Widder-Spruch gibt, hat sie mich mit diesem Plakat jetzt restlos davon überzeugt, dass ich bei ihr und nirgends sonst eine Hypothek abschliessen muss. Bleibt nur noch eine Frage: Soll ich die analoge Blonde oder die digitale Brünette anklicken?
In der dunkelsten Winterthurer Bahnhofsunterführung hat mich gestern kurz vor Mitternacht dieses Vieh angesprungen. Nicht dass ich etwa Angst hätte vor Hasen. Aber Gesundheits-Experten/-innen mit so grossen Ohren, die, so scheint es, Bachelor in Gesundheitsförderung und Prävention werden wollen, sind mir schon etwas suspekt. Oder brauchen Hasen, die Karotten verschmähen, einen/-in Gesundheitsexperten/-in, damit er ihnen gut zuredet: «Rüebli sind doch gsund! En Biss fürs Mami, en Biss für de Bappi ... », irgendetwas in der Art?
Ich weiss es nicht. Und bin auch gar nicht so sicher, ob ich es überhaupt wissen will. Darauf ein letztes Bierchen. Gesundheit! |
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