Die Swica ist eine Krankenkasse. Und die habe, so behauptet sie, zufriedene Kunden. Das sei ihr auch unbenommen. Die Beweisführung ist allerdings etwas gar dünn: Nehmen wir einmal an, dass beispielsweise der Hans Hugentobler an den Olympischen Herbstspielen von Castrop-Rauxel im 200-m-Lagen-Rückwärtstauchen siegt, dann steht auf seiner Goldmedaille «Olympische Herbstspiele Castrop-Rauxel». Doch wenn die Swica eine Goldmedaille in Kundenzufriedenheit erreicht, steht da nicht etwa «Kundenzufriedenheitswettbewerb der Stiftung Kassentest». Sondern «SWICA». Erinnert mich irgendwie an den Olympiagründer Baron de Coubertin, der sich 1912 die Olympiamedaille in Poesie erdichtete, weil er der einzige Teilnehmer des Poetenstreits war ... Man könnte jetzt über die üblen Gerüche des Eigenlobs philosophieren. Über die Glaubwürdigkeit der werberischen Idee. Und über die Brillanz der Ausführung. Das lasse ich jetzt einfach mal sein. Und sage nur das: Eine Telefonnummer auf einem Plakat ist Unsinn. Eine Telefonnummer in minimal lesbarer Schriftgrösse ist maximaler Unsinn. (Ja, ich weiss, es musste unbedingt noch ein «Call to Action» rein.) Über den Rest hüllen wir uns in Schweigen.
Headlines mit Fragezeichen sind grundsätzlich immer etwas merkwürdig. Begeisterung? Etwa nicht? Oder doch? Aber wofür? Und weshalb?
Fragen über Fragen. Die Antwort steht dann auch gleich drunter: Tänk für «Spitzenleistungen mit Präzision und Ausdauer.» Mit Anführungs- und Schlusszeichen. Damit wird signalisiert: Hier macht jemand ganz Bestimmtes ein äusserst gewichtiges Statement. Aber wer? Da wir das nicht erfahren, müssen wir es vermuten: Hier spricht der Texter höchstpersönlich, der dieses Plakat mit ganz viel Wörtern ausstaffiert hat. Und das unter konsequenter Umgehung jeglicher Idee. Überlegen wir doch einmal: Was will uns das Plakat eigentlich sagen? Erstens: Dass eine allfällige Begeisterung für dieses schneegefüllte Loch Fragen aufwirft. Schliesslich ist dort drin auch im Winter 35 Grad heiss, die ideale Temperatur also, um es mit Kunstschnee und einer Loipe für das Sommertraining der Langläufer zu präparieren. Deshalb hat sich Olympiasieger Dario Cologna auch schon ganz warm angezogen. Zweitens: Hier drin eine Langlaufstrecke zu präparieren, braucht entsprechende Ausdauer. Denn irgendjemand muss ständig neuen Schnee ankarren, weil alles so schnell wegschmilzt. Oder von einem 250 km/h schnellen Zug zur Seite gepflügt wird. Und drittens: Der Schnee ist zum Glück versichert. Von der Helvetia. Und wer eine Loipe versichert, angelegt an der heissesten Stelle des Streckennetzes unserer Bundesbahn, und dazu gleich auch noch die prominenten Langläufer, die darauf herumsemmeln, wenn grad kein Zug kommt, ist zweifellos so professionell, dass ich ihm gerne auch mein sauer erarbeitetes Vorsorgegeld anvertraue. Auf dass er es in einem begeisternden Loch so anlege, dass es nicht wegschmelze. Der Flughafen Zürich (so heisst er wieder, nachdem sich das abstruse «Unique» nicht durchgesetzt hat), ist sowas von international. Das sieht man auch an seiner Werbung. Eine kunterbunte Mischung aus Englisch und Deutsch, wobei sich uns das «Stirb alle in einem» nicht so recht erschliessen will. Vielleicht sollte es ja eher «Stirb ein für allemal» heissen. Dafür wirds dann in der zweiten Headlinehälfte holprig. Während im englischen Teil tatsächlich hübsche Bindestriche stehen, gähnen im deutschen hässliche Deppenleerzeichen. Alles in allem: merkwürdig. Und im Endeffekt auch nicht sonderlich originell. Da hat es definitiv noch Luft nach oben (höhö, Flughafenwitz). Höchstens knapp genügend. Setzen.
Werbung die ist ausgezeichnete Möglichkeit eine, um sich als Texter sprachlich zu verwirklichen. Vor allem dann, wenn es darum geht, Sachen an Mann den zu bringen, die niemand braucht. Zum Beispiel Plakatwerbung, um Mietwohnungen zu verticken, ausgehängt an mieser Passanten-, dafür an bester Automobilistenlage.
Seien wir ehrlich: Wenn ich eine Loft suche, dann auf den einschlägigen Internetportalen. Denn dort gibt es Bildstrecken über meine zukünftige gute Stube, einen Link zum örtlichen Steuerfussrechner und gleich auch einen zur Online-Bewerbung. Auf dem Plakat gibt es all das nicht. Kommt dazu, dass erfahrungsgemäss kein Autofahrer Zeit und Lust hat, beim nächsten Rotlicht den blauen Stift zu zücken und die Telefonnummer oder URL zu notieren, die er ein paar Minuten zuvor an einem Plakat gesehen hat. Mit anderen Worten: Werbung die funktioniert nur, wenn sie am richtigen Ort veröffentlicht wird. Da kann sich Texter der noch so kreativ verbiegen und mit unglaublich lustigen Wortverdrehern seinen um Aufmerksamkeit die Vorbeikommenden der buhlen. |
Home
About Contact |
girardtext
Paul Girard im Atelier Bschüssig Bleichestrasse 34 8400 Winterthur girardtext.ch headliner.ch girardtext@me.com |