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Texterei über Werbung und Sprache
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Wer bin ich, und wenn ja, warum nicht?

10/17/2016

 
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Wer ab und zu mal auf dem Facebook zugange ist, kennt diese merkwürdigen «Tests»: Welche Barbie bist du? Welcher der Brüder Grimm bist du? Welches Haustier bist du? Welcher Bud-Spencer-Film bist du? Welche Mächenfigur bist du?
Ich bin immer noch nicht dahintergekommen, was das eigentlich soll. Da ich nicht Grimm heisse, bin ich meines Erachtens keiner der beiden. Und will es auch gar nicht sein. Da ich einen BMI über 12 habe, nicht mit übertrieben grossen Brüsten gesegnet bin und keine langen blonden Haare habe, kann ich nicht Barbie sein. Ich gehe nicht auf allen Vieren, also bin ich kein Haustier. Mal ganz abgesehen davon, dass es für mich keinen Grund gibt, mein Leben als Chihuahua weiterzuführen. Und da ich nicht produziert worden bin, um an die Wand geworfen zu werden, bin ich weder der Froschkönig noch ein wie auch immer gearteter Film.
So oder so: Ich finde es eine ziemlich seltsame Art der «Unterhaltung», auf Kindergartenniveau zu regredieren («also wir wären jetzt die Schweiz und ihr wärt  Deutschland, und ich wäre der Embolo und du wärst Boateng»), und sich dann darüber zu streiten, wer wer wäre. Oder ist. Oder sein darf («ich will auch mal der Shaqiri sein, nicht immer der Lahm!»)
Um wiedermal die Bibel zu zitieren: Ich bin, der ich bin. Und kein Test der Welt bringt mich dazu, eine Zweitidentität anzunehmen. Die Welt wird sich damit abfinden müssen.

Achtung, tieffliegende Köpfe!

8/25/2016

 
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Die Berner Kantonalbank gibt sich kundennah. 180 Jahre nach ihrer Gründung (so alt ist der Laden schon!) hat sie endlich herausgefunden, dass man sich als Dienstleister ein klein bisschen an die Lebensgewohnheiten seiner Kundschaft anpassen könnte. Also Beratung sogar dann, wenn der Kunde Zeit hat! Ausser er wäre Rentner oder erwerbslos und möchte AHV oder Arbeitslosengeld gewinnbringend anlegen. Dann würde der Nachmittag gleich nach dem Meridienneli auf dem Sofa schon passen. Aber ist vermutlich nicht die Kernzielgruppe.
Und wie bringt man das als innovative Bank dem innovativen Volch bei?
Man nehme einen grinsenden Hipster, hacke ihm Kopf und Hand ab und lasse beides 10 cm über dem Boden schweben. Magic!
Und weil er ein Berner Hipster ist, freut er sich auf Berndeutsch darüber, dass er auch nach Feierabend auf seinen fitnesscentergestählten Körper verzichten kann.
Wobei ich seinen Spruch nur halbwegs kapiere: «Ou nach Fyrabe».
Feierabend beginnt doch nach Arbeitsschluss und dauert bis zum Schlafengehen («i ds Huli gaa», wie die Berner zu sagen pflegen). Nach Feierabend ist also dann, wenn man schon im Bett liegt. Dann braucht man allenfalls eine andere persönliche Beratung als die von der Bank.
Ok, das war jetzt etwas spitzfindig. Das Bild ist schliesslich schon blöd genug, da muss man nicht auch noch den Text bekritteln.
Noch etwas ist mir aufgefallen: Berner Kopffüssler ohne Füsse, dafür mit Hand und ohne Arm, zwirbeln sich herbmännlich den Schnouz. Und Bernerinnen? Da sie nicht zum Schnurrbart greifen können, greifen Sie zum Handy, die souglatten Modi. Ist weiter auch nicht überraschend.
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Meinebeck lächelt gratis.

6/28/2016

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Was ist «meine Beck»? Das ist der Ort, wo dem Volk mit einem Gratis-Lächeln kohlschwarz verbrannte Brote verkauft werden. Im Unterschied zu allen anderen Bäckereien, in denen man zwar für das Lächeln extra bezahlen muss, aber zumindest die Laibe rechtzeitig aus dem Ofen genommen werden. Aber die sind mit «Gutes besser in meiner Beck» (was immer das heissen soll) natürlich nicht gemeint.
«Die Beck»? Wer kommt denn auf so eine Idee? Der günstig eingekaufte deutsche Werbetexter, der sich in massloser Selbstüberschätzung auch Schweizerdeutsch zutraut? Der backofenhitzegeschädigte Bäcker, der sich als irgendjemandem seine Beck betitelt? Der Halbfabrikate-Händler Pistor, der diese Kampagne seinen Kunden, also den Bäckereien schenkt, inklusive Publikumswettbewerb und von Profi-Fotografen geknipste «Selfies»?
Es geht um etwas ganz anderes. Das erfahre ich dann auf meinebeck.ch. Es handle sich um eine «Freundlichkeitskampagne», mit der sich Pistor im Namen des Bäckerei-, Konditorei- und Confiseriegewerbes bei den endkonsumierenden Brotkäufern für ihre Treue bedanke, steht da. Echt jetzt! Genau wie die Schweineburger-Kampagne von MacDonalds auch dafür da ist, den Schweineburger-Essern für ihre Fleischvorliebe zu danken. Und die Hardselling-Inserate vom Mediamarkt eigentlich als reine Danksagung an die USB-Kabelkäufer dieser Welt gedacht sind.
Auf der seiner eigenen Website stellt Grosshändler Pistor dann aber klar: Nöö, eigentlich ist die Kampagne gar kein Treuedankgeschenk für den Pöbel. Sondern für die Pistor-Kunden. Also die Bäckereien. Mit der impliziten Aufforderung, ab sofort dauerzulächeln. Dafür gibts noch 4 Millionen Rubbellose drauf. Voraussichtlich, wie gleich vorsichtig relativiert wird.
Fassen wir also zusammen.
Erstens: Die Kampagne ist sprachlich so verunglückt, dass umsatzunwirksames Fremdschämen die einzige Reaktion darauf sein kann.
Zweitens: Ungefiltertes Marketing-Geschwurbel ist eigentlich nur für interne Ohren bestimmt. Aber auf seiner Website droht der Herr meinebeck.ch seinem Publikum doch tatsächlich einen «Mehrwert» an: «Als besonderer Mehrwert erwartet Sie ein gratis Lächeln». Lächelndes Personal ist nun mal das Selbstverständlichste, was ich in einem Ladengeschäft erwarte. Bleibt das Rubbellos als «Mehrwert». Und das stellt in aller Regel keinen Mehrwert dar, sondern entpuppt sich meist als wertlose Niete. Geschenkt!
Und drittens geht es dabei darum, als unbekannter, versteckter und nur durch Recherche eruierbarer Absender allen danke zu sagen, die das hören wollen. Aber so, dass es möglichst niemand merkt.

Bitte. Gern geschehen. Nichts zu danken.
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Ein Fan, von dem man Fan sein darf

6/2/2016

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BBDO Berlin hat zum Jubiläum «25 Jahre ICE der deutschen Bahn» einen starken Spot produziert. Und meiner Meinung nach so ziemlich alles richtig gemacht, was man richtig machen kann.
Erstens: Ein guter Spot ist kurz – aber darf auch einmal länger sein als 30 Sekunden. Obwohl so ein Anderthalbminüter schnell auch ein paar Längen aufweisen kann. Wenn man erstens eine gute tragende Idee und genug zu erzählen hat, darf man sich die Zeit dafür auch nehmen.
Zweitens: Ein guter Spot muss eine gute Story erzählen. Und die heisst nicht: «Kauf mich! Jetzt aber sofort!». Sondern: «Schau mal. Ich hab’ dir etwas zu erzählen.» Natürlich ist das Produkt Teil der Geschichte. Aber es sollte dem Publikum nicht waschmittelmässig penetrant um die Ohren geschlagen werden. Denn Werbung anschauen ist freiwillig. Und darf deshalb auf keinen Fall Grund für die Pinkelpause liefern. 
Drittens: Ein guter Spot muss Emotionen transportieren. 
Viertens: Ein guter Spot darf auch gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen. Auch wenn er damit allenfalls polarisiert.
Fünftens: Ein guter Spot lebt nicht zuletzt von guter Musik.
Sechstens: Ein guter Spot muss dramaturgisch auf den überraschenden, starken Schluss zugespitzt sein. 
Alles erfüllt. Chapeau. Grosses Kino auf meinem Handy.

Anmerkung: Der erste Link scheint nicht mehr zu funktionieren. Vielleicht geht es mit diesem hier: https://www.youtube.com/watch?v=_qpo0_dNang
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Begeisterung für ein Loch

5/30/2016

 
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Headlines mit Fragezeichen sind grundsätzlich immer etwas merkwürdig. Begeisterung? Etwa nicht? Oder doch? Aber wofür? Und weshalb?
Fragen über Fragen. Die Antwort steht dann auch gleich drunter: Tänk für «Spitzenleistungen mit Präzision und Ausdauer.» Mit Anführungs- und Schlusszeichen. Damit wird signalisiert: Hier macht jemand ganz Bestimmtes ein äusserst gewichtiges Statement. Aber wer? Da wir das nicht erfahren, müssen wir es vermuten: Hier spricht der Texter höchstpersönlich, der dieses Plakat mit ganz viel Wörtern ausstaffiert hat. Und das unter konsequenter Umgehung jeglicher Idee.
Überlegen wir doch einmal: Was will uns das Plakat eigentlich sagen?
Erstens: Dass eine allfällige Begeisterung für dieses schneegefüllte Loch Fragen aufwirft. Schliesslich ist dort drin auch im Winter 35 Grad heiss, die ideale Temperatur also, um es mit Kunstschnee und einer Loipe für das Sommertraining der Langläufer zu präparieren. Deshalb hat sich Olympiasieger Dario Cologna auch schon ganz warm angezogen.
Zweitens: Hier drin eine Langlaufstrecke zu präparieren, braucht entsprechende Ausdauer. Denn irgendjemand muss ständig neuen Schnee ankarren, weil alles so schnell wegschmilzt. Oder von einem 250 km/h schnellen Zug zur Seite gepflügt wird.
Und drittens: Der Schnee ist zum Glück versichert. Von der Helvetia. Und wer eine Loipe versichert, angelegt an der heissesten Stelle des Streckennetzes unserer Bundesbahn, und dazu gleich auch noch die prominenten Langläufer, die darauf herumsemmeln, wenn grad kein Zug kommt, ist zweifellos so professionell, dass ich ihm gerne auch mein sauer erarbeitetes Vorsorgegeld anvertraue. Auf dass er es in einem begeisternden Loch so anlege, dass es nicht wegschmelze.
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